Ansprechpartner: Thomas Hunold, Dr. rer. nat. Juliane Sanft (Identifikation über DNA)
Peri- und postmortale Einwirkungen wie mechanische Traumen, Tierfraß, Brandeinwirkung, frühe und späte Leichenerscheinungen mit Weichteilverlusten bis zur vollständigen Skelettierung erfordern rechtsmedizinische Spezialkenntnisse zur Individualidentifizierung.
Vorgehen
- Nachweis übereinstimmender Individualmerkmale (Kleidung, Effekten, äußere Merkmale wie Behaarung, Narben, Anomalien, Krankheitszeichen, Tätowierungen)
- Autoptische Sicherung innerer Merkmale wie z.B. postoperative oder posttraumatische Zustände und Krankheitsprozesse, Vergleich mit ante mortem gefertigten Röntgenbildern
- Odontologische Identifizierung: Vergleich des Zahnstatus mit Behandlungsunterlagen, Gipsabdrücken oder OPG`s
- Molekulargenetische Untersuchungen (Vergleichsmaterial sichern!)
Osteologische Begutachtung
Unterscheidung Mensch - Tier
Die Unterscheidung Mensch - Tier erfolgt nach Morphologie, Gewicht, Verhältnis Kompakta - Spongiosa oder histologisch nach der Osteonstruktur.
Kärung der Individuenzahl
Zur Klärung der Individuenzahl werden die Passform an Gelenken und Bruchkanten, Spuren der muskulären Robustizität, die Ausprägung von Größenmerkmalen und die Knochenzahl beurteilt.
Geschlechtsdifferenzierung
Bei der Geschlechtsdifferenzierung ist die Nivellierung geschlechtsspezifischer knöcherner Merkmale mit zunehmendem Alter und in Abhängigkeit von der ethnischen Herkunft zu beachten.
Vor der Pubertät können Zahnmerkmale (Wechselgebiß) erhoben werden, ansonsten gelingt eine Geschlechtsdifferenzierung anhand morphologischer Merkmale an Schädel und Becken unter Nutzung von Diskriminanzfunktionen oder über die DNA-Analyse.
Altersbestimmung
Im Rahmen der Altersbestimmung wird das physiologische , nicht das chronologische Alter geschätzt.
Morphologische Kriterien: Fontanellen-, Stirnnaht- und Epiphysenfugenschluß, Wechselgebiß / Zahneruption, insbesondere der Molaren (Schema nach Ubelaker), Abnutzungserscheinungen am Permanentgebiß
Radiologische Kriterien: Knochenabbauerscheinungen im OPG ab ca. 25 Jahre, Obliterationsgrad der Schädelnähte
Spezialmethoden (Zähne): Racemisierungsgrad der Asparaginsäure, Zahnzementannulation, Wurzeldentintransparenz
Körperhöhe
Die Körperhöhe wird durch Anwendung von altersbezogenen Körpergrößenschätzformeln unter Nutzung der Längenmaße der Röhrenknochen (z.B. nach Penning oder Rösing) geschätzt. Dabei ist die säkulare Akzeleration zu beachten. Die linearen Regressionsgleichungen sind geschlechtsspezifisch, daher muss primär die Geschlechtsdiagnose gestellt werden. Bei kompletten Skeletten kann die Methode nach Fully angewendet werden (Abweichung zur tatsächlichen Körperhöhe: für 80% der Fälle < 2cm).
Postmortale Liegezeit
Für die Postmortale Liegezeit existiert derzeit kein validiertes Verfahren, das eine sichere Datierung im forensisch relevanten Zeitraum von 30 - 50 Jahren Liegezeit zulässt.
Die Radiokarbon - Methode beruht auf dem konstanten Verhältnis des stabilen Isotops C 12 zum radioaktiven Isotop C 14 (Halbwertszeit von C 14: 5730 +/- 30 Jahre). Strontium 90 ist ein künstliches Radionuklid des nicht radioaktiven Sr 88 (HWZ: 29 Jahre). Sr 90 entsteht erst durch radioaktiven Fallout. Der Einbau in den Knochen erfolgt in Konkurrenz zu Kalzium, die maximale Belastung bestand in den 60er und 70er Jahren. Nach Studien ist eine grobe Datierung zum Todeseintritt vor 1940 bzw. vor den 70er Jahren möglich.